Demodex

Demodexmilben gehören zur normalen Hautfauna behaarter Säugetiere und des Menschen dazu. Demodikose wird erst durch eine übermäßige Vermehrung der Demodex canis (Haarbalgmilbe) hervorgerufen. Demodex canis, die häufigste Demodexmilbe beim Hund, ist eine schlanke, ca. 250 bis 300 µm lange und 40 µm dicke Milbe, die sich in den Haarbälgen,  Talg- und apokrine Schweißdrüsen (Duftdrüsen) aufhält.

Hat sich die Milbe übermäßig vermehrt, äußert sich die Erkrankung durch haarlose Hautstellen. Häufig weisen diese Hautstellen eine Rötung der Haut und Schuppenbildung auf. Die Ränder der betroffenen Hautstellen sind scharf begrenzt oder diffus. Außerdem kommt es häufig zu Pustel- und Krustenbildung sowie unterschiedlich starkem Juckreiz.

Beim Tierarzt wird mit einer Skalpellklinge ein tiefes Hautgeschabsel an den betroffenen Stellen entnommen und unter einem Mikroskop untersucht. Erst dann ist die Diagnose „Demodikose“ endgültig möglich. Eine einzelne tote Demodexmilbe ist jedoch nicht ausreichend für die Diagnose, hierfür müssen mehrere lebende Milben, am besten mit Jugendstadien, gefunden werden.

Es gibt 7 verschieden Formen der Demodikose

1. Lokalisierte, spontane Demodikose (Demodex canis)
Bei dieser Form erkranken meist Hunde im jugendlichen oder pubertierenden Alter. Normalerweise sind 1-5 haararme bis haarlose Hautveränderungen zu erkennen, die sich vorwiegend am Kopf und Hals, aber auch an Gliedmaßen und Rumpf befinden können. Diese Stellen können gerötet sein oder eine Schuppenbildung aufweisen, jedoch besteht zunächst kein Juckreiz. Ein Juckreiz entsteht meist nur, wenn eine bakterielle Sekundärinfektion hinzukommt. Diese Demodikose des jungen Hundes ist nach heutigem Wissensstand nicht erblich und kein Zuchtausschluss. In über 90% der Fälle kommt es zu einer Spontanheilung. Bei der Behandlung sollte man auf ein akarizides Mittel verzichten. Eine Spontanheilung ohne Einsatz akarizider Mittel sichert die Feststellung, dass es sich um diese und nicht um eine erbliche Form handelt. Die bakteriell infizierten Hautbezirke können bedenkenlos mit antibakteriellen Mitteln (Benzoylperoxid-Gel oder Shampoo) behandelt werden. Durch die Reibung können Haare, die später sowieso ausgefallen wären, ausfallen und somit eine Verschlechterung vortäuschen. Um die Immunabwehr des Hundes nicht unnötig zu belasten, sollte ein gleichzeitiger Befall mit Darmparasiten sofort behandelt werden. Zur Kontrolle sollte ein regelmäßiges Kontrollgeschabsel alle 2-3 Wochen genommen werden, um den Krankheitsverlauf zu überwachen. Sollte die Erkrankung in eine generalisierte Form übergehen, kann frühzeitig eine akarizide Therapie eingeleitet werden.

2. Lokalisierte, iatrogene Demodikose (Demodex canis)
Bei dieser Form spielt das Lebensalter und die Rasse des Hundes keine Rolle. Sie kann durch eine örtliche Immunsuppression, wie z.B. durch eine Injektion eines Depot-Kortisonpräparates oder von Depot-Gestagenen unter die Haut oder durch eine lokale Anwendung von Kortisonsalben oder -cremes, ausgelöst werden. In der Regel sind nur einzelne Hautstellen betroffen, oft im Bereich der Flanke oder seitlichen Brustwand, wo eine subkutane Injektion erfolgte. Die Anzeichen für diese Art der Demodikose sind identisch wie bei der spontanen Form. Hinzu kommt, dass die Haut, durch einen Kortison-bedingten Abbau von Kollagen in der Haut, pergamentartig und extrem dünn erscheint. Eine Abheilung der Demodikose erfolgt, meist ohne weitere Behandlung, erst nach Abklingen der Depotwirkung des verursachenden Präparates. Da dies bis über ein Jahr dauern kann, werden die Veränderungen lange bestehen bleiben. Zur Diagnose führen ein entsprechender Vorbericht, Hautgeschabsel (wie bei der spontanen Form) und Untersuchungen auf Bakterien. Es kann einfach abgewartet werden, bis die Wirkung des Depot-Präparates nachlässt und die Haut sich wieder normalisiert. Sollte jedoch eine sekundäre bakterielle Infektion und zahlreiche lebende Milben im Hautgeschabsel festgestellt werden, sollte der Hund normalerweise täglich über mehrere Wochen mit einem Akarizid und mit antibakteriellen Mitteln behandelt werden. Viele Besitzer ziehen aufgrund der langen Depotwirkung des Präparates eine chirurgische Entfernung des unter der Haut liegenden Depotpräparates vor, da es meist ein flaches Scheibchen ist, das aus dem Unterhautgewebe relativ leicht entfernt werden kann. Diese Form der Demodikose beeinträchtigt ebenfalls nicht die Zuchttauglichkeit.

3. Generalisierte, erbliche Demodikose (Demodex canis)
Der Dobermann ist neben einer Reihe anderer Rassen prädisponiert für die generalisierte, erbliche Demodikose. Je nach Rasse tritt diese Form bei jungen Hunden bis etwa 1,5 oder 2 Jahre auf. Bei Hunden ohne erworbene Immunsuppression geht man von einem erblichen spezifischen Immundefekt (autosomal-rezessiv?) und sekundärer Induktion einer unterschiedlich starken zellvermittelten Immunsuppression aus. Der Schweregrad des Immundefekts, ob und in welchem Maß eine sekundäre bakterielle Infektion vorliegt und zu einer zusätzlichen Immunsuppression geführt hat, beeinflusst den Verlauf der Erkrankung. Zunächst äußern sich die Hautveränderungen in fokalem oder diffusem Haarverlust mit Schuppenbildung und geröteter Haut. Am Anfang sind häufig der Kopf (z.B. Veränderung, die einer Brillenbildung ähneln) und die Vorderbeine betroffen. Eine Ausbreitung auf den ganzen Körper erfolgt meist sehr rasch. Es treten regelmäßig bakterielle Sekundärinfektionen auf, die entweder oberflächlich (Papeln, Pusteln, häufig mit Juckreiz) oder tief (Zellulitis, Fistelbildung, Ödemen, Furunkeln und Schmerz) sind. Außerdem werden Bildung von Mitessern und Verhornungsstörungen beobachtet und es kommt nicht selten vor, dass die Körperlymphknoten im Einzugsbereich der Haut (generalisierte Lymphadenopathie) anschwellen. Des Weiteren kann eine schwere Allgemeinstörung und Fieber auftreten. Durch Bakterientoxine und Entzündungsmediatoren werden auch andere Organe geschädigt. Durch die Blutvergiftung kann es zum Tod des Hundes kommen. Man muss mit einer langwierigen Behandlung rechnen, die mindestens 4-6 Monate dauern kann. Es ist erforderlich, dass der Tierhalter und der Tierarzt intensiv zusammen arbeiten. Wenn eine Behandlung nicht erfolgreich ist, dann liegt es meist daran, dass nicht konsequent mit ausreichender Fachkompetenz behandelt wurde. Als lokale Therapie wird äußerlich meist mit Ectodex® (außerhalb Deutschlands unter Amitraz bekannt) behandelt, welches ein Akarizid ist, das als Hemmer der Monoaminooxigenase (MAO) zu Paralyse und Tod von Demodex- und anderen Milben führt. Es hat aber auch eine Reihe von anderen Wirkungen, wie z.B. auf den Glucosestoffwechsel. Diabetische Patienten sollten dieses Mittel nicht anwenden. Hunde mit großflächigen offenen und tiefen Veränderungen der Haut sollten mit Amitraz nicht bzw. nicht großflächig behandelt werden, da eine Gefahr einer erhöhten Resorption besteht. Ein weiteres Medikament ist Mexidectin, das als spot-on-Formulierung (Advocate®) gleichfalls zur Demodikosebehandlung zugelassen ist und alle 4 Wochen (Empfehlung des Herstellers) appliziert wird. Alle 2-3 Wochen wird ein Kontrollgeschabsel entnommen, was unabdingbar für einen optimalen Erfolg ist. Die Dauer der Therapie richtet sich nach der parasitologischen Kontrolle und nicht nach der äußerlich sichtbaren Besserung der Hautveränderungen. Ist das Geschabsel mindestens 2-mal hintereinander negativ, kann die Therapie beendet werden. Wird die Therapie vorzeitig abgebrochen, da die Haare z.B. schon nachgewachsen sind, ist ein Rückfall vorprogrammiert. Hunde sollten mit dieser Form der Demodikose nicht in die Zucht gehen, obwohl der Erbgang noch nicht geklärt ist.

4. Generalisierte Demodikose aufgrund iatrogener oder spontaner Immunsuppression / „Old dog demodicosis“ (Demodex canis)
Auch bei älteren Hunden muss das Auftreten einer generalisierten Demodikose besonders ernst genommen werden. Zum Beispiel kann durch Verabreichung immunsuppressiv wirkender Medikamente (z.B. Glukokortikoide, Zystostatika) die Erkrankung ausgelöst werden. Spontan tritt sie bei einigen Lebererkrankungen, schweren Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus oder Cushing-Erkrankung) und bösartigen Tumorerkrankungen (Lympfosarkom, Hämangiosarkom, Mamma-Adenokarzinom) auf. Im Einzelfall kann die Demodikose bis zu 12 Monate vorher auftreten, bevor äußerliche Anzeichen derartiger Erkrankungen auftreten. Von daher ist es ratsam, engmaschige Untersuchungen durchzuführen, wenn eine Demodikose beim Hund auftritt.

5. Pododemodikose (Demodex canis)
Befinden sich im Pfotenbereich entzündliche Hautveränderungen, eine sogenannte Pododermatitis, muss differentialdiagnostisch eine Erkrankung durch Demodexmilben in Betracht gezogen und eine mikroskopische Untersuchung durchgeführt werden. Die Pfoten sind häufig geschwollen und sehr schmerzhaft. Hinzu kommen meist tiefe bakterielle Infektionen und wechselnde Lahmheiten. Es kommt jedoch manchmal vor, dass sich die Erkrankung nur durch lecken der Pfoten äußert. Neufundländer, Bernhardiner, Deutsche Doggen, Bobtails und andere große Rassen sowie Westhighland White-Terrier sind prädisponiert für diese Form der Demodikose. Entweder tritt die Pododemodikose als eigenständiges Problem ohne Veränderung am restlichen Körper oder als Überbleibsel einer früheren generalisierten Demodikose auf. Eine Behandlung erfolgt wie bei der generalisierten Demodikose.

6. Demodikose durch Demodex cornei
Über Demodex cornei ist noch wenig bekannt, da sie eine beim Hund relativ neu entdeckte Milbenart ist. Sie ist kürzer und breiter als Demodex canis und es ist noch unklar, ob sie auch zur normalen Hautflora des Hundes dazu gehört. Demodex cornei lebt deutlich oberflächlicher als Demodex canis und wird manchmal mit ihr zusammen nachgewiesen. Eine durch Demodex cornei verursachte Demodikose äußert sich durch Schuppenbildung, deutlichem Juckreiz und Rötungen der Haut. Anders als bei der Demodex canis, kann bei der Demodex cornei ein sogenannter „Tesafilm-Abklatsch-Test“ durchgeführt werden.

7. Demodikose durch Demodex injai
Im Gegensatz zu Demodex canis ist die Demodex injai länger und scheint vor allem in den Talgdrüsen zu leben. Sie wird im Zusammenhang mit fettiger Haut vor allem bei verschiedenen Terrierrassen gefunden und führt zu schlechter Haarqualität mit schütterem Haar und unterschiedlich starkem Juckreiz, der sich besonders auf dem Rücken äußert. Bisher ist nicht bekannt, ob es zu einer Übertragung von einem befallenen zu einem gesunden Hund kommt.

Behandlung:
Eine Behandlung mit Kortisonpräparaten sollte bei allen Formen der Demodikose wegen deren negativer Wirkung auf die Immunabwehr in jeder Anwendungsform nicht gegeben werden. Sollte eine Behandlung mit Kortison bereits erfolgt sein, müssen die Präparate umgehend abgesetzt werden. Bei Tieren mit hereditärer generalisierter Demodikose dürfen Sie auch nach erfolgreicher Behandlung nur noch nach strenger Indikationsstellung sowie sorgfältiger Abwägung von Risiko und Nutzen angewandt werden.

Eine Beseitigung der Demodexmilbe erfolgt mit akariziden Mitteln. Lokal werden vorzugsweise Bäder oder Waschungen vorgenommen und systemisch durch Spot on Präparate oder orale Verabreichung. Bei einer bakteriellen Sekundärinfektion werden Antibiotika, die sich als „hautwirksam“ erwiesen haben, in Tablettenform und als antibakterielle Shampoos eingesetzt.

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